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Alte Obst- und Gemüsesorten im Freizeitgarten

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Der Wunsch nach mehr Abwechslung auf dem Teller und dem Erhalt der Sortenvielfalt verschafft alten Obst-und Gemüsesorten aktuell einen regelrechten Hype. Auch bei Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtnern stoßen Früchte wie „Schöner von Nordhausen“ oder „Wangenheims Frühzwetschge“ auf großes Interesse. Doch sind alte Sorten überhaupt für den Anbau im privaten Obst- und Gemüsegarten geeignet? Wir geben euch die Antworten.


Was sind alte Sorten?
Eine rechtliche Definition, was als alte Sorte gilt, existiert nicht. Gemeint sind damit im Allgemeinen Nutzpflanzen, die teils über Jahrhunderte vermehrt und kultiviert wurden, im modernen Erwerbsanbau aber keine Rolle mehr spielen.
Viele der alten Sorten sind inzwischen unwiederbringlich verloren. Unzuverlässige Erträge, für den gewerblichen Anbau ungeeignete Wuchsformen, schlechte Transport- und Lagerfähigkeit sowie die von Verbrauchern gewünschte, aber nicht vorhandene Uniformität bei Äpfeln, Birnen & Co. machen alte Sorten untauglich für den Einsatz im Erwerbsanbau – und damit finden sie auch nicht ihren Weg in die Supermarktregale.
Das Verbraucherverhalten spielt hierbei eine wichtige Rolle: Anstatt andere Geschmäcker kennenzulernen, ist es vielen wichtiger, dass der Apfel immer gleich aussieht, dieselbe Größe und denselben Geschmack hat – und keine einzige braune Stelle aufweist.


Neue Sorten haben die alten verdrängt
Was Verbraucherinnen und Verbraucher heute in den Supermarktregalen finden, sind meist nur wenige „Profi“-Sorten, die speziell für den großflächigen, industriellen Erwerbsanbau gezüchtet wurden und auf Zuchtziele wie gleichmäßig hohen Ertrag, gute Lagerfähigkeit und robuste Handhabung ausgelegt sind.
Obwohl es weltweit geschätzt über 20.000 Apfelsorten gibt und allein in Bayern laut einer Umfrage unter den Kreisfachberatungen für Gartenkultur und Landespflege mehr als 600 Sorten vorkommen, werden in Deutschland höchstens 20 bis 30 in wirtschaftlich relevanten Mengen erzeugt. Die tatsächliche Sortenvielfalt im Supermarkt lässt sich häufig an einer Hand abzählen.
Wer alte Sorten probieren möchte, findet sie auf Streuobstwiesen oder dort, wo Kleinbetriebe sie noch anbieten – zum Beispiel in Hofläden oder auf regionalen Wochenmärkten.


Warum alte Sorten wichtig sind
Alten Sorten werden oft wahre Wundereigenschaften nachgesagt, die allerdings nicht immer der Realität entsprechen. So gilt zum Beispiel die Annahme, alte Apfelsorten seien grundsätzlich besser für Allergiker geeignet. Aktuelle Untersuchungen zeigen: Das stimmt so nicht. Es gibt sowohl alte als auch neue Sorten, die gut oder schlecht verträglich sind. Das Alter einer Sorte hat keinen direkten Einfluss auf ihr allergenes Potenzial, dieses muss individuell geprüft werden.
Unbestritten ist jedoch: Alte Sorten sind eine wertvolle Genressource. Ihr genetisches Material enthält besondere Eigenschaften, die als Basis für neue, etwa an den Klimawandel angepasste Züchtungen dienen können. Diese Biodiversität zu erhalten, ist eine wichtige Aufgabe – auch mit Blick auf die Pflege von Streuobstwiesen und anderen schützenswerten Kulturlandschaften.


Alte Sorten im Hobbygarten – eine gute Wahl?
Dank spezialisierter Saatguthändler haben Hobbygärtnerinnen und -gärtner heute wieder Zugang zu einer großen Vielfalt alter Sorten. Wir empfehlen, bei der Anbauplanung eine Checkliste zu erstellen: Welche Merkmale muss eine Sorte aufweisen, um zu den Gegebenheiten vor Ort zu passen – hinsichtlich Klima, Boden und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge?
Je besser die Sorte zu Standort und Bedingungen passt, desto weniger eingreifende Pflege- und Kulturmaßnahmen sind erforderlich. Für den Freizeitgarten beginnt der Pflanzenschutz bereits mit der Sortenwahl. Viele alte Sorten sind anfällig für Krankheiten wie Feuerbrand, Schorf oder Mehltau. Es besteht daher ein erhöhtes Risiko für Ernteeinbußen oder sogar Totalausfälle. Auch viele „Profi-Sorten“ sind für den Freizeitgarten nicht geeignet: Sie benötigen meist einen intensiven chemischen Pflanzenschutz, der nur im Erwerbsanbau, nicht aber im Haus- und Kleingarten zugelassen ist.


Unsere Empfehlung: eine Kombination aus alten, regional angepassten Sorten und modernen Züchtungen. Es geht nicht darum, alte Sorten zu meiden oder Alt gegen Neu auszuspielen, sondern darum, bewährte regionale Sorten zu erhalten und gezielt mit neuen, verbesserten Sorten zu ergänzen. Neue Sorten werden gezüchtet, weil sie, laut Bundessortenamt, einen sogenannten „landeskulturellen Wert“ besitzen. Das heißt, sie lassen eine deutliche Verbesserung für Anbau und Verwertung des Ernteguts erwarten. Bewertet werden dabei Eigenschaften wie Anbaueignung, Widerstandsfähigkeit, Ertrag, Qualität und Verwendungsmöglichkeiten.


Weitere Infos rund um Obst- und Gemüseanbau, Sortenvielfalt und Gartenwissen findet ihr auf unseren Merkblättern und in unserer Rubrik „Gärtner wissen“.